Gesundheitssystem Schweden
In Schweden gibt es ja eine Volkskrankenkasse in der man automatisch Mitglied ist. Also auf jeden Fall, wenn man hier arbeitet und hier wohnt. Wie genau die Eintrittsbedingungen sind, weiß ich nicht.
Nun hat dass den Vorteil, dass man sich kein Kopf über die verschiedensten Krankenkassen und deren unterschiedliches Portfolio machen muss, leider hat das System aber auch so seine Schwächen.
- So darf man bei jedem Arztbesuch sein Eintrittsgeld von derzeit 200 kr bezahlen – unabhängig davon, dass man vielleicht einen erneuten Besuch beim Arzt wegen der gleichen Erkrankung hat.
- Zudem ist bei unserem Vårdcentralen (Ostdeutsche kennen das Prinzip auch unter dem Begriff Poliklinik) nicht gesagt, dass man seinen Hausarzt hat. So kann man bei einer Erkrankung bei Arzt X sein und beim nächsten Mal bei Arzt Y.
- Damit einhergehend ist das Interesse einen Patienten wirklich gut zu behandeln – also so, dass er/sie gesund wird/bleibt – bei nahezu Null. Mir ging es jedenfalls so, dass ich immer im Akkord durchge”wunken” wurde und sich auch kein Arzt mal Zeit für Ursachenforschung der Erkrankung nahm. Bist du also krank durch Bakterien = Antibiotika, durch Viren = ausruhen. Arbeiten ist trotz Erkrankung natürlich kein Problem. Eine Krankschreibung muss man schon sehr bestimmt einfordern.
- So hatte ich zwischenzeitlich mal den Verdacht auf eine Lungenentzündung – und durfte durch Stockholm mit den Öffentlichen fahren, damit ein anderer Arzt das bestätigt oder (zum Glück für mich) entkräftet.
- Ich hatte nur in diesem Jahr schon vier verschiedene Antibiotika und so viele Krankschreibungen, dass mein Chef mir “angedroht” hat bei weiteren Krankschreibungen mal über die “Umgestaltung meiner Arbeitsaufgaben” nachzudenken.
- Generell empfinde ich es eher so, dass man hier sich selber medizinisch diagnostizieren können sollte und ggf. nur beim Arzt entsprechende Medikamente/Untersuchungen usw. einfordert. Das kann durchaus schneller zur Genesung beitragen.
Erst als ich beim hoffentlich vorerst letzten Arztbesuch für dieses Jahr auf bestimmt “deutsche Art”* gesagt habe, dass ich nicht permanent krank sein will und kann, machte er sich die Mühe mal in seinen Computer zu schauen und meine Krankengeschichte nachzulesen. Nach einem weiteren Termin wurden dann auch die verschiedensten Blutproben abgenommen – die aber alle im Soll/Haben sind. Also alles ok und die häufigen Erkrankungen können durchaus auch stress bedingt sein – na davon hatten wir ja hier nicht zu wenig.
Dazu aber mehr im nächsten Artikel.
* = Schweden reden gerne um den heißen Brei (wie deutsche Politiker) und vermeiden direkte Konfrontationen. D.h. sagt man sein Anliegen in einem klaren kurzen Satz mit deutlicher Stimme, empfindet das ein Schwede durchaus als drohend. Um dann die Konfrontation zu vermeiden, gibt er also durchaus auch mal klein bei.
Ein paar Anmerkungen:
– Die Arztgebühren sind gedeckelt auf 1100 kr pro Jahr. D.h. man sollte Quittungen sammeln und sich dann beizeiten eine Freikarte ausstellen lassen, wenn sich Arztbesuche häufen. Ähnliches gibt es auch bei Medikamenten.
– Man hat seit ca. 2006 schon so eine Art Hausarzt in Stockholm. Die Vårdcentral fragt normalerweise nach, wenn man neu in ihren Bezirk zieht, zu welchem Arzt man denn gerne möchte. Der ist dann sozusagen der Standardarzt, und man kommt nur zu einem anderen, wenn der gerade ausgebucht ist oder nicht da.