Wenn man die Gelegenheit für eine Lägenhet nutzt…
Die Wohnungssituation in Stockholm ist im Allgemeinen recht angespannt, d.h. leerstehende Mietwohnungen sind sehr, sehr rar – besser gesagt, gar nicht vorhanden. Dementsprechend gibt es hier gut gefüllte Wartelisten auf eine Mietwohnung, die ungefähr die gleichen Wartezeiten wie zu ehemaligen DDR-Zeiten auf einen Trabant haben. Man sollte demnach für eine durchschnittliche Mietwohnung in guter Wohngegend mindestens ca. fünf bis zehn Jahre Wartezeit einrechnen. Bessere Wohnung und bessere Gegend erhöht dann schnell die Wartezeit entsprechend.
Die Stockholmer haben aus dieser Not eine Tugend gemacht. So kann man alternativ ein Bostadsrätt (Wohnrecht) kaufen. Ein richtiges Äquivalent im Deutschen dazu gibt es nicht, am ähnlichsten kommt da noch die Genossenschaft mit Ihren Genossenschaftsanteilen. Die Preise hier sind aber deutlich höher und liegen ungefähr auf dem Niveau von vergleichbaren Eigentumswohnungen in Berlin.
Nun gut, das ist nun mal so und war uns auch schon vorher bekannt. Auch, dass durchaus ein Großteil der Neu-Stockholmer “andrahand” (weitervermietet) oder als “inneboende” (zur Untermiete) wohnen. D.h. man mietet (inoffiziell) eine Wohnung von jemandem, der meist selbst die Wohnung als Bostadsrätt erworben hat, diese jedoch gerade selbst nicht braucht – natürlich zu einer recht hohen Miete, wenn man das mit Berliner Mietpreisen vergleicht. Dazu kommt die “Gefahr”, aufzufliegen, da andrahand zu wohnen normalerweise der Gesellschaft gemeldet und begründet werden muss und nur für ca. ein halbes bis ein Jahr zulässig ist. Dazu wollen wir allerdings nicht sooo ins Details gehen. Da eine Mietwohnung zur Zeit nicht in realistische Nähe rückt und in unserer jetzigen Wohnung eine Stambyte (Bad- und Küchenstrangerneuerung) ansteht, haben wir viele der letzten Sonntage damit verbracht, uns Bostadsrätter anzuschauen.
Vorneweg schonmal ein generelles Fazit: Der Standard ist im Normalfall nicht mit dem aus Deutschland gewohnten vergleichbar. Fast immer stammt die Küche inkl. zugehöriger Elektrogeräte aus der Zeit der Erstausstattung der Wohnung, die Elektrik ist zweiadrig, also kein Schuko, im Bad gibt es häufig gar keine Steckdose (geschweige denn, das diese über einen F-Schutzschalter gesichert wäre), das Bad selbst ist ebenfalls mit modernen 70er-Jahre Amaturen ausgestattet: Einhebelmischer sucht man vergebens. Zimmertüren sind häufig sehr alt, nur aus Pappe, schief und klemmen, Fußböden und Tapeten haben fast immer einen merkwürdig schwedischen Designgeschmack. Und das – wie schon geschrieben – zu verhältnismäßig hohen Preisen. Also sollte man hier viel Gelassenheit walten lassen. Man kann ja schließlich selbst nach eigenem Geschmack modernisieren. Und wie war das doch gleich mit dem Teufel und den Fliegen? Aber in dem von uns gesteckten Preisrahmen muss man das Beste raussuchen. Hat man mehr Geld, steigt auch sofort der Zustand und die Auswahl ;-)
Nun gut, nach einigen Wochenenden und auch dem ersten Bietversuch, ist Stefan über eine Acceptpris-Wohnung “gestolpert”. Der Vorteil für uns, der Preis der dort steht ist (nahezu) “fest”, es gibt also kein Bietverfahren, wie es sonst üblich ist. Also auf zur Besichtigung nach Fruängen. Die Wohnung ist zwar nur eine Zwei-Raumwohnung, aber doch recht ordentlich geschnitten und nicht alles ist im 70er-Stil erhalten geblieben. Das Bad z.B. ist schon saniert worden. Die Wohngegend ist auch akzeptabel, der für uns wichtige T-Bana-Anschluss ist ca. 10 Fuß-Minuten entfernt. Ebenfalls wohnen wir dann nicht direkt an einer viel befahrenen Straße. Eine Tvättstuga (Waschraum mit Waschmaschinen) sowie ein Keller und ein Parkplatz gehören zur Wohnung. Preislich lag die Wohnung auch noch in unserem Limit.
Eine Nacht “drüber schlafen” wollten wir nach der Besichtigung aber beide nochmal. Neben einer Interessentin – die aber erst Ihre eigene Wohnung verkaufen muss – gab es außer uns nur noch einen weiteren Interessenten. Der aber scheint wohl nicht so richtig zu wollen oder können. Also hieß es nun für uns: zugreifen.
Ja, wir wollen die Wohnung – also auf zum Makler “Notar” und wirklich jede Menge Papiere unterschreiben. Für Lutz war das die erste größere Gelegenheit, seine neue Unterschrift zu üben ;-) Wann unterschreibt man sonst schon mal so viel so kurz hintereinander?
Dann musste es für schwedische Verhältnisse recht schnell gehen – eine Woche – bis die Anzahlung (das sog. Handpenning) auf des Maklers Konto eingegangen sein sollte. Zudem muss uns noch die Genossenschaft als neue Mitglieder akzeptieren, sowie die Bank Ihren Teil für die Anzahlung bewilligen. Und natürlich muss die Bank generell den Kauf und für uns den Kredit bewilligen. Das alles innerhalb einer Woche. Aber wir haben all das geschafft. Die Bestätigung des Maklers als E-Mail dazu liegt auch vor. Die Übergabe der Wohnung findet am 15.10. statt. Zu diesem Termin (Inträdesdagen) erhalten wir alle Schlüssel, der Kredit startet, wir müssen den halben Monat Oktober als Avgift (Betriebskosten) an die Genossenschaft zahlen. Dann erfahren wir auch die letzten Informationen (welcher Keller, wo liegt die Tvättstuga genau, Park-Plakette fürs Auto usw.)
Na dazu schonmal einen großen Glückwunsch aus Freiburg! Ich bin schon auf die ersten Fotos gespannt.
Gruß!