Was am 28.12.2012 und danach so passierte…
Gerade haben wir noch bei IKEA Mittag gegessen und wollten nur kurz rüber bei ICA einkaufen. Also das Auto geparkt und auf zum Eingang. Auf dem Weg dorthin regten wir uns über einen alten Volvo auf, der recht dicht an uns vorbeifuhr und schwenkten in die Parkbuchten ein – da rutschte ich auf einem Eishügel aus und fiel hin.
Irgendwie wusste ich gleich, dass etwas mehr passiert war, auch wenn es in dem Moment nicht wirklich weh tat. Ein Blick auf meinen linken Fuß verriet mir, dass dieser wohl gebrochen war. Hilfsbereite Umstehende fragten, ob sie helfen könnten und einer rief gleich die Polizei (warum nicht einen Krankenwagen weiß ich auch nicht).
Jedenfalls holte Lutz das Auto um mich selbst ins Krankenhaus zu fahren, was sicher auch schneller war, als auf einen Transport zu warten. Gut gestützt, um jeden Druck auf den Fuß zu vermeiden, schaffte ich es ins Auto und wir suchten via Navi das nächstgelegene Krankenhaus – das SÖS (Södersjukhus).
Dort angekommen holte Lutz einen Rollstuhl und ich zog mir die übliche Wartemarke an der Notaufnahme. Dort war es recht leer und ich kam bald ran. Nach kurzem erklären, worum es geht, der Ansage meiner Personennummer und dem Bezahlen von 400:- kr hieß es wieder warten, damit ein Arzt ‘draufschaut und ich dann wohl zum Röntgen komme.
Mittlerweile war der Knöchel schon gut geschwollen, was nach dem vorsichtigen Ausziehen vom Schuh wohl noch mehr wurde, wie Lutz meinte. Nun hieß es, auf ein Bett umzusteigen und ich bekam einen “Anschluss für später” in den Arm und es wurde eine Blutprobe genommen. Der junge Azubi, der dies unter Aufsicht machte, war wohl noch nervöser als ich, doch er arbeitete sehr gut.
Nach einigem Warten wurde ich zum Röntgen geschoben (Kosten: 200:- kr, Rechnung wird zugeschickt, da “Liegendtransport”), was sich als etwas schwierig herausstellte, aber dann doch irgendwie funktionierte.
Anschließend ging es dann in einen separaten Raum, wo der Strumpf und die Hose – ohne sie zu zerschneiden -über den kaputten Fuß gezogen wurden. Danach wurde mein Bein geschient und gut verbunden und anschließend erneut mit einem mobilen Gerät geröntgt, ob nun alles richtig fixiert ist.
Nach einem kurzen Gespräch mit einem der Ärzte stand dann schließlich fest: Es ist eine sehr komplizierte Fraktur, welche von drei Seiten operiert werden muss. Aufgrund dessen, dass der Fuß zu stark geschwollen war, konnte die eigentliche OP nicht direkt durchgeführt werden. Deshalb würde ich erst eine Fixierung (solch ein super Gestell, welches im Bein verankert wird *schüttel*) bekommen und nachdem die Schwellung zurückgegangen ist, wird dann die richtige OP gemacht – geplant ca. 2-3 Tage später.
Ich wurde später auf die Station gebracht und Lutz musste los, seine Mutter vom Flughafen abholen. Untergebracht wurde ich in einem Vierbettzimmer. All die Untersuchungen hatten ganz schön Zeit gekostet: um 13:00 Uhr war es passiert, eine halbe Stunde später waren wir im Krankenhaus und nun war es schon gegen 17:00 Uhr. Da ich ca. halb sieben operiert werden sollte, ging es ans Duschen – auf einem tollen Stuhl mit Beinauflage. Nicht so einfach das Ganze, mit einem in eine schicke Mülltüte gehülltem Bein.
Es dauerte dann doch bis kurz vor 23:00 Uhr, bis ich endlich in den OP kam. Eine Menge Gewusel im Raum war das mit all den Narkoseärzten, Schwestern usw. Auf jeden Fall bekam ich immer sehr gute Erklärungen, was und warum alles gemacht wurde und konnte Fragen stellen, wenn ich wollte. Zwei unterschiedliche Möglichkeiten der Narkose wurden mir angeboten: eine Rücken-narkose (wo man ab dem Bauch abwärts narkotisiert wird) oder eine komplette Narkose. Da ich Spritzen nicht mag, erst Recht nicht in den Rücken und auch von allem nichts mitbekommen wollte, wählte ich die Vollnarkose.
Gegen 03:00 Uhr wachte ich langsam auf und realisierte erst etwas später, dass der nette Arzt deutsch mit mir gesprochen hat. Ja, wenn man im “dschumm” ist, bekommt man eben nicht so viel mit :-) Angenehm warm war es auf jeden Fall, was, wie ich später herausfand eine warmluftbetriebene Heizdecke war – gemütlich. Kurze Zeit später war ich auch schon wieder auf meinem Zimmer und schlummerte immer wieder so vor mich hin.
Den Tag über ging es zum Röntgen. Das war gar nicht so einfach – zwischen dem Metallgerüst ein “Fenster” zu finden, um den Fuß zu “fotografieren”. Auf jeden Fall sah dann alles soweit OK aus.
Lutz kam auch vorbei und brachte mir u.a. mein iPad mit – endlich wieder Kontakt zur Außenwelt!
Später wurde noch eine Fußpumpe angeschlossen. Dies ist eine Art Luftkissen, welches im Abstand von ungefähr 10s kurz Druck auf den Fußballen ausübt. Dies soll das Abschwellen beschleunigen. Ach ja, ganz vergessen zu erwähnen habe ich die unbequeme Lage des Beins – in Hochlage auf einem Schaumstoffblock.
Die nächsten Tage vergingen mal schneller, mal langsamer – immer in Wartestellung, wann die Schwellung soweit zurück geht um die eigentliche OP durchzuführen. Die Annahme war vorerst, dass ich am Silvesterabend wieder zu Hause sein würde.
Umsorgt wurde ich auf jeden Fall sehr gut: Lutz kam jeden Tag vorbei – ein dickes Dankeschön an dieser Stelle! – und alle Schwestern (ja, auch die Herren heißen hier “Schwester”) und Ärzte waren sehr nett und aufmerksam. Zu Essen und Trinken gab es ausreichend. Zum Frühstück konnte man z.B. folgendes wählen: Cornflakes, Müsli, Stulle (Käse/Wurst), Joghurt, Milch, Kaffee, Tee, heisse Schokolade, Ei, verschiedene Säfte. Mittags gab es auch gutes Essen inklusive Nachtisch und auch das Abendbrot war – schwedentypisch – ein warmes Essen. Kurz nach den Essen gab es jeweils noch Fika (“Käffchen und Keks”) nach Wahl.
Die Schwellung ging mehr und mehr zurück, trotzdem kam ich nicht zum OP. Die Feiertage, zu wenig Ärzte und zu viele Patienten und andere, lebensbedrohliche OPs gingen vor. Es war nur sehr frustrierend, mehrere Tage in Folge ab nachts um 02:00 Uhr zu fasten und dann gegen Mittag zu hören, dass es leider wieder nichts wird.
Silvester verbrachte ich somit im Krankenhaus. Immerhin hatte ich einen recht guten Ausblick über Årstaviken (südliches Stockholm) als ich die Bettlehne hochstellte und mich noch etwas reckte.
Wie üblich, war es nicht einfach, im Krankenhaus Schlaf zu finden. Nach einer Neubelegung befand ich mich mit drei alten Herren im Zimmer – alle weit über 60.
Der eine (ursprünglich ein Schweizer) war total verwirrt, konnte sich immer wieder nicht daran erinnern, warum und wo er war und machte jede Schwester an – immer und immer wieder. Zu Anfang war es noch lustig, dass er sie mit “Mein Engel” usw. anredete, doch irgendwann wird es doch zu viel. Im Prinzip konnte man sich mit ihm normal unterhalten, aber nachts rief er immer “Halloi” (wohl irgendeine schwedische Form eines besseren “Hallo”?), knipste die eine Nacht immer wieder seine Lampe an und aus und an und aus – meist wurde er dann auf den Flur geschoben, wo er unter besserer Beobachtung war und wir im Prinzip besser hätten schlafen können.
Wenn da nicht die beiden anderen wären. Irgendwas hatten beide immer über die Schwestern zu meckern. Sie kommen nicht, kümmern sich nicht, machen nicht direkt und 100%ig das, was der Patient von ihnen verlangt usw. Recht nervend, dieses “ÜberSieHerziehen”.
Mein direkter Nachbar hatte ein sehr schön lautes Telefon, was einen im Bett stehen ließ, wenn es klingelte und wenn er sprach konnte die gesamte Etage mithören (auch sonst redete er sehr laut) und selbst den Telefonpartner konnte man gut verstehen. Selbst regte er sich immer auf, dass man nicht schlafen könne, weil alle so laut schnarchen, war allerdings auch nicht besser – aber man hört sich eben nicht, wenn man schläft..
Der Dritte schließlich, ein ehemaliger Lehrer, hatte wirklich ein sehr ausgeprägtes Schnarchverhalten. Ich verstehe nicht, wie man so dermaßen röcheln kann und nicht selbst davon wach wird. Sägen auf höchstem Niveau bzw. schnarchen wie ein Elefant treffen es ganz gut – auch wenn dies etwas “elak” (gemein) klingt.
Es ist allerdings auch nicht gesagt, dass jüngere Patienten besser sind. Nachdem der Schweizer und der Lehrer “ausgetauscht” wurden, wurde bis weit über 22:00 hinaus telefoniert und gelesen, was heißt, dass die ganze Zeit Licht an war. Ok, nun aber genug Gebrabbel von mir darüber, sonst bin ich selbst nicht besser ;-)
Am 2. Januar war es dann endlich soweit – ich wurde gegen 18:00 Uhr zum OP gefahren. Wieder mit Vollnarkose und einem deutschen Narkosearzt. Schuster als Nachname ist schon verdächtig deutsch. Wir unterhielten uns dann aber doch auf schwedisch, um die anderen Schwestern und Ärzte nicht auszuschließen.
Alles lief gut und ich wachte kurz nach 22:00 Uhr auf. Schön, das Gestell los zu sein. Erst mal gab es eine Schiene mit Verband, die nach dem Röntgen eingegipst wurde – in Plastik. Der große Vorteil dabei ist, der Gips ist leichter und trocknet innerhalb einer halben Stunde anstatt in 24 Stunden.
Ich bekam auch Besuch vom Krankengymnasten, der mir Krücken brachte und Zettel mit Anleitungen zur Anwendung (z.B. Treppen laufen). Auch, welche Übungen ich machen muss, um mein Bein zu trainieren. Außerdem bekam ich noch einen Plastiksitz, den man über die Badewanne legt und einen Gummischuh, um den Gips zu schonen. Belasten darf ich das Bein nicht, nur maximal abstellen (Eigengewicht).
Um mich noch etwas zu beobachten, dass alles in Ordnung ist, sollte ich noch bis zum nächsten Tag bleiben. Nun war ich schon so lange im Krankenhaus, da machte der eine Tag auch nichts mehr aus, auch wenn es sehr schön wäre, wieder in die eigenen – zum Glück fertig renovierten – vier Wände zu kommen.
Was mich das Ganze schlussendlich kostet, kann ich noch nicht sagen – die Rechnung steht noch aus. Sicherlich einige Male Röntgen, dann für jeden Tag im Krankenhaus, die Medikamente und und und ..
Apropos, ich muss mir zehn Tage lang selbst eine Spritze gegen Thrombose in den Bauch geben. Das ist ja nun gar nichts für mich. Es ging allerdings bisher doch besser als erwartet, auch wenn ich immer noch zögere, kurz vor dem “piksen”.
Fazit:
Ein sehr kompliziert gebrochenes Fußgelenk, welches eine Stahlplatte bekam und Schrauben – und temporäre Schrauben zur Fixierung, die die Schrauben halten. Zur Zeit ist der Fuß samt Unterschenkel eingegipst und nächste Woche (17.01.) werden die Fäden gezogen und ich bekomme einen neuen Gips. Insgesamt bleibt der Gips 6 Wochen, dann folgen noch einmal zwei Wochen mit Krücken und keiner Belastung bis die Fixierschrauben ‘rausgenommen werden. Spätestens dann folgt eine Reha, welche durchaus sehr lange dauern kann.
Krank geschrieben bin ich bisher bis Ende Februar. Je nachdem, wie ich mich fühle habe ich aber wohl die Möglichkeit, mit dem Taxi zur Arbeit und zurück gefahren zu werden, einerseits, um überhaupt zu arbeiten anstatt “nur” krank zu Hause zu sein und andererseits um den Trubel in der Tunnelbana zu vermeiden.